Die Welt blickt ratlos auf den Krieg in Nahost. In Sorge vor einer weiteren Eskalation im Gazakrieg hat Bundeskanzler Olaf Scholz seine Vermittlungsversuche im Nahen Osten vergangene Woche fortgesetzt. Nach einem Besuch in Jordanien reiste er zu Israels Premier Benjamin Netanjahu. Angesichts der Terrorakte der Hamas betonte Scholz erneut das Selbstverteidigungsrecht Israels. Mit Blick auf die humanitäre Lage in der Stadt Rafah merkte er kritisch an, dass Deutschland nicht zusehen könne, wenn Palästinenser zu verhungern drohten.

Netanjahu hält an den Plänen für eine Offensive auf Rafah fest

Unbeeindruckt von massiver internationaler Kritik hält Netanjahu an den Plänen für eine Offensive auf Rafah fest. Etwa eine Million vertriebene Palästinenser halten sich dort auf. In dieser Situation hat der Bundeskanzler eine Waffenruhe gefordert. Wie hoch können die Kosten menschlichen Leids sein, fragte Scholz und betonte, dass es einen Deal bezüglich der Geiseln geben müsse.

Es ist zum Haare-Ausraufen: Die Lage ist verfahrener denn je. Nach fast sechs Monaten droht auch in diesem Konflikt ein Fortbestand des Kriegs. Jeden Tag sieht das, was Zukunft sein könnte, schlimmer aus: Das Verhältnis Israels zu den anderen Golfstaaten hat sich verschlechtert.

Dabei hat Israel seit 2020 diplomatische Beziehungen mit Sudan, Bahrain, Marokko und den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgenommen und damit eine Garantie seines Existenzrechts erhalten. Sogar Saudi-Arabien wollte das tun. Aber diese Zusammenarbeit hätte den Iran geschwächt, deshalb kam der Überfall der Hamas zeitlich so passend.

Alle bisherigen Versuche einer Lösung des Konflikts sind gescheitert

Würde die Hamas die israelischen Geiseln freilassen, wäre der Krieg wohl schnell beendet. Deshalb darf man sich nichts vormachen: Israel wie die Ukraine agieren nicht im luftleeren Raum. Sie unterliegen einem weltpolitischen Kräftemessen, unter dem sie zerrieben zu werden drohen.

Immer mehr warnende Stimmen melden sich zu Wort: "Uns läuft die Zeit davon", sagt der Dirigent Daniel Barenboim, der sich jahrzehntelang für den Frieden im Nahen Osten einsetzte, in einem "Zeit"-Interview. "Um Frieden zu schließen, ist Vertrauen nötig. Das muss uns jetzt von außen injiziert werden", forderte der israelische Philosoph Yuval Noah Harari im "Spiegel"-Interview. Der Schmerz bei Israelis und Palästinensern sei jetzt so groß, dass sie nicht mehr dazu in der Lage sind, Empathie für den anderen zu empfinden.

Alle bisherigen Versuche einer Lösung des Konflikts sind gescheitert. Der Einsatz muss erhöht werden. Dazu braucht es Hilfe von außen. Es braucht stärkere Zeichen aus Europa, den USA und der arabischen Welt.

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