München (epd). Der Hass auf Israel und jüdische Mitmenschen vereint laut dem aktuellen Verfassungsschutzbericht ideologisch extremistische Akteure aus unterschiedlichen Bereichen. "In nahezu allen extremistischen Szenen erleben wir Scharfmacher, die aus ganz unterschiedlicher Motivation gegen Israel hetzen", sagte der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2023 in München. "Sie nehmen an pro-palästinensischen Versammlungen teil, nutzen die sozialen Medien, um Hass, Propaganda oder Fake News zu verbreiten und infiltrieren auch unsere Universitäten." Dies sei eine beunruhigende Entwicklung aufgrund des aktuellen Nahostkonflikts.

Der Nahostkonflikt wirke außerdem wie ein Brandbeschleuniger in der islamistischen Szene, sagte Herrmann weiter: "Islamistische Gruppierungen instrumentalisieren den Krieg und stellen Muslime weltweit als Opfer dar. Die Gefahr einer emotionalen Radikalisierung ist hoch." Propagandaorgane des IS-Ablegers ISPK riefen verstärkt zu Anschlägen auch in Europa auf. Vor allem mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft im Sommer sei man daher sehr wachsam, sagte der Innenminister.

Extremisten jeglicher Couleur hätten außerdem ihre Bemühungen verstärkt, die Gesellschaft zu spalten und den politischen Diskurs mit ihren Positionen zu unterwandern, sagte Herrmann weiter. "Gerade bei Demonstrationen der bürgerlichen Mitte, gleich ob zum Klimawandel, zur Zukunft der Landwirtschaft oder zum Nahostkonflikt, mischen sie sich als Trittbrettfahrer unter die Menschen, um ihre eigene extremistische Agenda voranzubringen."

Das rechtsextremistische Personenpotential in Bayern ist dem Bericht zufolge von 2.590 im Jahr 2022 auf 2.725 in 2023 angestiegen. "Das ist hauptsächlich Folge der deutlichen Steigerung der Mitglieder der Jungen Alternative", sagte Herrmann. Während die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straftaten von 787 auf 476 gesunken sei, hätten sich die Gewalttaten im Vergleich zum Vorjahr auf nunmehr 52 mehr als verdoppelt.

Auch die Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter sei weiter gewachsen und habe mit 5.406 Personen 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Die Zahl der gewaltorientierten Personen sei von 450 auf 500 gestiegen.

Während die dem linksextremistischen Spektrum zugeordnete Personenzahl relativ stabil geblieben sei, seien linksextremistische Straftaten von 364 auf 378 angestiegen. Auch die Zahl der Gewaltdelikte stieg auf 49 an.

"Extremisten haben an einem Auseinanderdriften der unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen und einer schwindenden Akzeptanz der Demokratie ein großes Interesse", sagte Herrmann als Fazit. Es bringe sie ihrem Ziel näher, Demokratie und Rechtsstaat zu zerstören. "Damit diese Rechnung nicht aufgeht, dürfen wir den Grundkonsens über die uneingeschränkte Geltung der Grundrechte und die Wertschätzung des Andersdenkenden niemals aufgeben."

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