München, Karlsruhe (epd). Der frühere Warburg-Bank-Chef Christian Olearius muss die Veröffentlichung wörtlicher Tagebuchzitate im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Cum-Ex-Steuerskandal hinnehmen. Die von Olearius eingelegte Verfassungsbeschwerde wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die "Süddeutsche Zeitung" sei nicht ausreichend begründet worden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 2279/23)

Die "Süddeutsche Zeitung" hatte auf ihrer Internetseite am 4. September 2020 unter der Überschrift "Notizen aus der feinen Gesellschaft" einen Artikel mit wörtlichen Zitaten aus den beschlagnahmten Tagebüchern von Olearius veröffentlicht. Insbesondere ging es um den Verdacht, ob Hamburger Politiker, darunter auch der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Finanzverwaltung zum Verzicht auf Steuerrückforderungen in Millionenhöhe gegenüber der Warburg Bank gedrängt haben.

Olearius sah mit der Veröffentlichung der wörtlichen Tagebuchzitate sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Die "Süddeutsche Zeitung" habe verbotenerweise "amtliche Dokumente" aus einem Strafverfahren veröffentlicht, bevor sie in "öffentlicher Verhandlung" erörtert worden sind.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hielt in einem Urteil vom 16. Mai 2023 die Wiedergabe der wörtlichen Tagebuchzitate in der Berichterstattung für rechtens (AZ: VI ZR 116/22). Es habe ein "überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit" gegeben, weil der Verdacht bestand, dass Bundeskanzler Scholz Einfluss auf Steuerrückforderungen genommen habe. Die beschlagnahmten Tagebücher seien auch keine "amtlichen Dokumente", aus denen während eines Ermittlungsverfahrens nicht zitiert werden dürfe.

Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wies das Bundesverfassungsgericht nun wegen einer unzureichenden Begründung als unzulässig zurück. Dass Olearius in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wurde und dass nach der Europäischen Menschenrechtskonvention "eine Verletzung der zu seinen Gunsten bestehenden Unschuldsvermutung" vorliege, habe er "nicht hinreichend dargetan". Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof fehlerhaft das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Olearius mit der Meinungsfreiheit der "Süddeutschen Zeitung" abgewogen und damit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche abgelehnt hat.

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