Ein sonniger Nachmittag im Gemeindehaus in Bertholdsdorf, einem Dorf, das zu Windsbach gehört, durch die bodentiefen Fenster fällt viel Licht. Der Blick nach draußen zeigt Landidylle pur: viel Grün und alte Bauerngehöfte, die Geschichte und Geschichten erzählen. Das Projektteam hat sich bei einer Tasse Kaffee und Gebäck versammelt, um die Aufgaben für das neue Jahr abzustecken. Auch Windsbachs Dekan Klaus Schlicker hat sich unter die vier Frauen gemischt.

Auf dem langen hellen Holztisch liegen verstreut die Geschenke für die getauften Kinder. Denn jährlich sind Tauferinnerungsgottesdienste geplant und je nach Alter bekommen die Kinder einen Kerzenständer für die Taufkerze, ein besticktes Kissen, ein Bild, ein Spiel oder eine Kinderbibel. "Bei dem Gottesdienst kommen dann alle wieder zusammen, die Eltern mit ihren Kindern und die Gebetspaten", erklärt die brasilianische Pfarrerin Adriane Sossmeier, die zwischendurch immer mal wieder an ihrem Mate Tee nippt, ein Stückchen Heimat für sie im fränkischen Dorf Bertholdsdorf. Sie war es auch, die das Taufprojekt mit nach Deutschland brachte.

Ein brasilianisches Projekt

Die norwegische Missionarin Inger Oybekk entwickelte es Ende der 1980er-Jahre in der brasilianischen Gemeinde Curitiba, doch so richtig kam das Taufprojekt nicht ins Laufen. "Ich habe das immer so ein wenig mitbekommen, ich war noch jung", erzählt die blonde Pfarrerin mit Pferdeschwanz und rosa Strickjacke. "Immer in den Gemeinden, wo wir waren, haben wir einen Teil des Projekts eingeführt."

In den vergangenen sieben Jahren lebte die Pfarrerin dann zusammen mit ihrer Familie selbst in Curitiba und wagte einen Neustart des Projekts. Mittlerweile ist es im ganzen Land verbreitet und steht unter Federführung der Evangelischen Kirche lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB). "Jede Kirchengemeinde soll das Projekt machen, weil es die Gemeinde in Bewegung bringt und untereinander vernetzt", sagt Sossmeier. Für Windsbach passt die Pfarrerin das Taufprojekt an, Unterstützung bekommt sie dafür von fünf ehrenamtlichen Frauen, die mit anpacken, je nachdem, wo ihre Stärken liegen.

Sara Zehmeister zum Beispiel, selbst frischgebackene Mama, ist der "kommunikative Teil", wie sie sich selbst beschreibt. Sie telefoniert mit den Eltern der Kinder und mit den Gebetspaten, um anstehende Termine für den Tauferinnerungsgottesdienst und für Treffen auszumachen. "Ich rede gerne, deswegen haben ich diese Aufgabe übernommen", sagt Zehmeister lachend, Sohn Maximilian sitzt brav auf ihrem Schoß.

Willkommen in der Gemeinde

Annemarie Jacobs sucht die Gebetspaten aus, 26 haben sich mittlerweile beim Taufprojekt-Team gemeldet. Von oben nach unten arbeitet sie die Liste ab. Keine Sekunde hat Jacobs gezögert, als sie von Pfarrerin Sossmeier gefragt wurde, ob sie bei dem Projekt mitmachen möchte. "Für mich ganz persönlich geht das genau in die Richtung, wie ich mir Gemeindeaufbau schon lange wünsche", so Jacobs. Steht eine Taufe an, schreibt sie die Gebetspaten an und auch die Eltern des Kindes, um sie nochmals zu erinnern. Die Buben und Mädchen werden vor ihrer eigentlichen Taufe im Gottesdienst der Kirchengemeinde vorgestellt. "Das gibt den Eltern das Gefühl, wir sind hier nicht nur irgendeine Nummer in der Kartei, sondern wir gehören dazu", sagt Dekan Klaus Schlicker. "Ich denke, das bindet die Menschen, und ich hoffe auch, dass es sie innerlich an die Botschaft, die wir vermitteln, bindet."

Sara Zehmeister
Sara Zehmeister wohnt in dem Windsbacher Ortsteil Ismannsdorf. Sie koordiniert ehrenamtlich das Taufprojekt

Beim Gottesdienst ist auch der Gebetspate dabei - natürlich inkognito. Daniela Schindler ist Schriftführerin des Projekts - aber nicht nur das: Töchterchen Nora hatte im Juni 2013 ihre Taufe und Mama Daniela ist schon gespannt auf den Besuch des Gebetspaten in ein paar Monaten. "Ich freue mich darauf, wer dann vorbeikommt und Nora in der Gemeinde willkommen heißt", sagt Schindler. "Vielleicht erinnert sich der Gebetspate in ein paar Jahren nicht mehr an den Namen von Nora. Aber ich denke, dass er, weil er an dem Projekt beteiligt war, automatisch für alle Kinder in der Gemeinde auch weiterhin betet."

Alle beteiligen sich mit viel Engagement

Neben den Ehrenamtlichen sind auch noch weitere Menschen in das Projekt miteinbezogen, zum Beispiel die Frauen der Rockenstuben: Immer im Winter treffen sie sich einmal in der Woche im Gemeindehaus, sticken zusammen und ratschen über Gott und die Welt. Mit einem Kuchen als kleine Bestechung besuchten Pfarrerin Sossmeier und weitere Teammitglieder die Damen, um sie zu überzeugen, sich ebenfalls an dem Projekt zu beteiligen - und es klappte. Spontan erklärten sich die Frauen bereit, Kissen als Geschenke für die Kinder bei den Tauferinnerungsgottesdiensten zu besticken. "Die Damen haben die Aufgabe mit einem unglaublichen Engagement und mit Freude übernommen", erzählt Dekan Schlicker. "Alleine das ist schon ein unfassbarer Wert für die Gemeindearbeit."

Um auch alles schön sauber zu dokumentieren, arbeitet Pfarrerin Sossmeier zusammen mit ihrem Team im Moment an einem Buch, in dem alle getauften Kinder mit Bildern, Daten und Namen der Gebetspaten eingetragen werden, eine Art Nachschlagewerk für kommende Generationen. Denn das Taufprojekt ist auf Jahre angelegt. Von der Taufe bis zur Konfirmation. "Das Projekt bewegt so viel - nachher ist kein Platz mehr in der Kirche", sagt Pfarrerin Sossmeier.

Dossier

Taufe & Patenamt

Die Taufe ist für viele Familien ein großes Ereignis. Mit ihr wird ein Kind in der evangelische Glaubensgemeinschaft willkommen geheißen. In unserem Dossier beantworten wir Fragen rund um das Thema Taufe. Welche biblische Bedeutung hat die Taufe? Wie können sich Eltern auf die Taufe vorbereiten? Welche Aufgaben haben Paten? Welche Fürbitten und Taufsprüche gibt es? Lesen Sie mehr auf sontagsblatt.de/taufe.